Im Mai 2000 sagte der damaliger japanische Premierminister Yoshiro Mori bei einer shintoistischen Priesterversammlung, Japan sei "ein Land der Götter mit dem Kaiser als Zentrum“. Diese Aussage loeste heftige Protest aus in den benachberten Laendern, wie China und Korea, die damals von Japan besetzt waren, aber vor allem in Japan selbst, weil damit vorallem die Geschichte Japans in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts erinnern. Anders als die frühere Meiji-Verfassung, bestimmt die heutige Nachkriegsverfassung den Kaiser als "das Symbol der Vereinigung der japanischen Nation“ und die Trennung von Politik und Religion. Aber die besondere Rolle des Kaisers in der Geschichte Japans darf dabei nicht geringgschätzig betrachtet werden. Die japanische Kaiserfamilie gilt immer hin als die aeltsete Dynastie der Welt. Warum existirte sie so lange und wie entstand sie? Über den Anfang der Kaiserfamilie berichten nur zwei aeltest erhaltenen Reichsannalen, Kojiki und Nihon-Shoki, die Anfang des 8. Jahrhundert n. Chr. verfasst wurden. Da ihre Überlieferung zur Staatsbildung Japans sehr mythologisch ist, sollte man sie nicht als wahre Münze nehmen. So soll zum Beispiel, der erste Kaiser Jinmu bereits im Jahr 660 v. Chr. den Thron bestiegen haben und starb im Alter von 137 Jahren, was kaum mit den übrigen Quellen in Einklang zu bringen ist. Das 7. oder 8.Jahrhundert n. Chr., als diese Reichsannalen verfasst wurden, war die Zeit der Staatsbildung Japans nach chinesischen Vorbild. Nach dem berühmten englischen Historiker Arnold Toynbee hat Japan erstmals unter chinesischer Anleitung die Hochkulturstufe erreicht. Danach wurde Japan von dem Vorbild Chinas überwältigt und zur Nachahmung angetrieben. Doch entstand der japanische Staat wirklich erst plötzlich unter chinesischen Einfluss? Deise Frage wollen wir verneinen, denn Japan tritt als entwickeltes Staatsgebilde in das Licht der Geschichte. Die Staatsbildung Japans hat eine lange Vorgeschichte. Wie bereits erwähnt, ist es kaum möglich, mit den japanischen schriftlichen Zeugnissen die Staatsbildung zu verfolgen. Es gibt zwar auch chinesische Schriftquellen zur Vorgeschichte Japans, aber sie sind viel zu knapp, und ihre Überlieferung reicht nur bis in das 1. Jahrhundert n. Chr. zurück. So bleiben nur die archäologischen Quellen, um die Entwicklung bis zur Staatsbildung Japans zu beleuchten.
Dazu möchten wir einen Überblick zur Vor- und Frühgeschichte Japans und ihre Eigenheiten sehen. Archäologisch wird die Vorgeschichte in den meisten Gebieten Eurasiens nach den materiellen Hinterlassenschafen in 3 Zeitabschnitte gliedert. Dabei wird das sogenannte "Drei-Perioden-System“ benutzt, nachdem die Geschichte in die Steinzeit, Bronzezeit, und Eisenzeit unterteilt wird. Die Steinzeit wird noch untergeteilt, in das Paläolithilkum und das Neolithikum. Der Anfang der Menschheitsgeschichte liegt im Paläolithikum, die Zeit der Sammler- und Jäger, dagegen fangten die Menschen ab Neolithikum mit Landwirtschaft und Viehzucht an. Japan ist hingegen einer der weniger Gebiete in Eurasien, wo dieses "Drei-Perioden-System“ nicht gilt. In Japan fängt nach der Steinzeit gleich die Eisenzeit mit landwirtschaft und Viehzucht an. Das heisst, es gibt kein typisches Neolithikum und auch "Bronzezeit“. Eine derartige Situation kann man vor allem in Ländern beobachten, die von den alten eurasischen Hochkulturen weit entfernt liegen, wie z, B. die Laender auf dem afrikanischen Kontinent suedlich der Sahara-Wüste oder in Polynesien. Die japanische Inselkette liegt nicht sehr weit vom asiatischen Festland entfernt, aber mit ihrer geographischen Lage konnte die Bevölkerung Japans Isolation genießen. Diese geographische Eigenschaft prägte die Geschichte Japans, besonders die Staatsbildung Japans.
Die japanische Vorgeschichte läßt sich in vier Epochen gliedern. Die älteste Epoche ist auch in Japan das Palaeolithikum. Die ältesten Funde des Paläolithikums aus Japan können sicher auf der Zeit vor 30,000 Jahren zurückgehen. Danach folgt die Jomon-Zeit, die etwa 10,000 Jahre vor Chisti Geburt begann. Namengebend fuer die Zeit ist die Keramik. Jomon heisst auf Deutsch Tau/Kordelmuster. Es ist anzunehmen, daß die Jomon-Keramik eine der ätesten Keramiken der Welt ist. Die Besonderheit dieser Zeit besteht darin, daß die wirtschaftliche Grundlage aus Jagd, Fischfang und Sammeln bestand, und noch keine Landwirtschaft existirte. Nach den archäologischen Befund dürfte diese Kultur aber bereits seßhaft gewesen sein. Diese einzigartige Kultur der Jomon-Zeit kann man als "Paläolithikum mit Seßhaftigkeit“ oder "Neolithikum ohne Landwirtschft“ bezeichnen. Diese Besonderheit ist mit Sicherheit auf die Vielfältigkeit der japanischen Vegetation zurückzuführen. Die Yayoi-Zeit ist dann die Zeit der beginnenden Landwirtschaft. Der Name Yayoi geht auf einem Vorort von Tokyo, wo die erste Keramik dieser Zeit gefunden worden ist. Ihr Anfang wurde bisher ins 3. oder 4. Jahrhundert vor Christus gesehen, aber eine aktuelle naturwissenschaftliche(C-14) Analyse (im Mai diesen Jahres=2003) zeigte, daß die Yayoi-Zeit wesentlich früher anfing, nämlich im 10. Jahrhundert v. Chr. Bei der Landwirtschaft ist hervorzuheben, daß in dieser Zeit die Wurzeln des Reisanbaus liegt, der für die japanische Kultur bis heute von herausragender Bedeutung ist. Das zeitgleiche Aufkommen der Fürstengraeber und der Hinweis auf kriegerischen Auseinandersetzung deuten auf den Beginn einer gesellschaftlichen Schichtung hin. Im nördlichen- und im südlichen Japan, wo die Yayoi-Kultur sich nicht verbreitete, entwickelte sich dagegen Jomon-Kultur kontinuerlich weiter. Fuer die folgende Zeit sind die sogenannte Schlüssellochgräber besonders kennzeichnend. Deshalb wird sie Kofun-Zeit genannt, also Grabhügelzeit. Sie erstreckt sich zwischen der zweiten Hälfte des 3. Jahrhundert und dem Ende 7. Jahrhundert nach Christus. Aus der sozialen Schichtungen seit der Yayoi-Zeit entwickelte sich der Einheitsstaat in Nara (Yamato). Zum heutigen Thema der Staatsbildung Japans sind vor allem die Yayoi- und die Kofun-Zeit wichtig, weswegen diese beiden Epochen im folgenden auch besonders behandelt werden.